Die 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Ravensburg hat einen 67-Jährigen nach 13 Verhandlungstagen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu sieben Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Es war ein langer und ungewöhnlicher Prozess: wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in über 200 Fällen wurde ein 67-jähriger Mann aus dem Bodenseekreis von der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Ravensburg am Mittwoch nach 13 Verhandlungstagen zu sieben Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Richter Jürgen Hutterer sprach in der Urteilsbegründung Tacheles: „Sie sind kein Kinderfreund, sondern ein schamloser Kinderschänder“.

Die lange Prozessdauer war verschiedenen Umständen geschuldet: die angeklagten Taten lagen zum Teil über 20 Jahre zurück, die vier betroffenen Mädchen waren damals sieben bis elf Jahre alt. Die Folge: in drei von vier Fällen waren die Taten verjährt. Die Aussagen der heute erwachsenen Frauen als Zeugen waren aber auch mehr als 20 Jahre danach so schockierend, dass „von unerträglichen Perversionen“ die Rede war. Die Beweisaufnahme spielte sich vorwiegend hinter verschlossenen Gerichtstüren ab. Die Öffentlichkeit war über weite Strecken des Verfahrens ausgeschlossen. Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn alle Vorwürfe bestritten und die Verteidigung dem Ravensburger Anwalt Uwe Rung überlassen. Dessen Versuche, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu erschüttern, hatten bei der fünfköpfigen Strafkammer offenbar keinen Erfolg. Und der Prozess endete außergewöhnlich: die Plädoyers von Staatsanwalt Jörg Bogenrieder und Verteidiger Rung wurden nichtöffentlich gehalten. Hintergrund war angeblich eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach die Schlussplädoyers dann nichtöffentlich zu halten sind, wenn große Teil des Verfahrens auch hinter verschlossenen Türen stattfanden.

Bogenrieder hatte neun Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe gefordert, Rung für einen Freispruch plädiert.

Bericht vom Südkurier